News - Detailansicht
05.12.2024

Neue Gefahrstoffverordnung in Kraft getreten!

Lange galt Asbest als beliebter und günstiger Baustoff. Nachdem viele schwere Erkrankungen und Todesfälle (Asbestose, Lungenkrebs) auftraten, wurde Asbest deutschlandweit zum 31. Oktober 1993 verboten. Bislang unterschätzt wurden die sogenannten neuen Asbestgefahren: insbesondere können auch Baustoffe wie Putze, Spachtelmassen und Fliesenkleber (PSF) Asbest enthalten, was bei einer Bearbeitung zu einer Freisetzung von Asbestfasern und damit zu einer Gesundheitsgefährdung führt. In einem Gebäude mit Baubeginn vor 1993 muss grundsätzlich mit Asbest gerechnet werden.

Arbeiten mit Asbest ist in Deutschland grundsätzlich verboten, wobei die Technische Regel für Gefahrstoffe 519 (TRGS 519) Ausnahmen für Abbruch, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten gestattet. Zu den erlaubten Instandhaltungsarbeiten zählten bislang jedoch nur Wartungsmaßnahmen zur Bewahrung des Soll-Zustands und Instandsetzungsmaßnahmen zur Wiederherstellung des Soll-Zustands. Jede Erweiterung einer elektrischen Anlage war, egal wie gering, verboten.

Die neue in Kraft getretene Gefahrstoffverordnung erlaubt nun weitere Arbeiten, allerdings ausschließlich unter Beachtung entsprechender Rahmenbedingungen.  So zählt zur erlaubten funktionalen Instandhaltung jetzt auch die Anpassung an den Stand der Bautechnik, was sogar Maßnahmen zur energetischen Sanierung einschließt.

Drei wesentliche Voraussetzungen sind zu erfüllen, wenn Arbeiten in Bestandbauten vorgenommen werden, bei denen nicht klar ist, ob diese asbestfrei sind und daher (möglicherweise) Tätigkeiten mit Asbest durchgeführt werden:

  • Qualifikation aller beteiligten Personen im Unternehmen
  • Anwendung entsprechender (emissionsarmer) Verfahren
  • Arbeitsmedizinische Vorsorge Asbest aller an der Arbeitsstelle Beteiligter

Qualifikation

  1. Qualifikation einer sachkundigen verantwortliche Person
    Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Asbest sicherzustellen, dass die Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen, die Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen sowie die Durchführung der Unterweisungen durch eine Person erfolgt, die über eine Sachkunde verfügt; verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die erforderliche Sachkunde, so hat er zur Erfüllung dieser Aufgaben eine sachkundige verantwortliche Person im Betrieb zu benennen.
    In der Regel wird dieses von der verantwortlichen Elektrofachkraft übernommen werden, in Klein- und Kleinstunternehmen also vom Unternehmer selbst. Für das E-Handwerk ist aktuell eine Sachkunde nach TRGS 519 Anlage 4C erforderlich, ein behördlich anerkannter Lehrgang mit 17 Lehreinheiten, in der Regel verteilt über 2,5 Tage. Der Lehrgang endet zwar mit einer Prüfung vor der zuständigen Behörde, die allerdings am Schulungsstandort abgenommen wird.
    Die voraussichtlich erst in 2026 neue TRGS 519 wird ein aufeinander aufbauendes Modulsystem für die Qualifizierung vorgeben, wobei dabei eine Verringerung des zeitlichen Umfangs nicht zu erwarten ist. Die Sachkunde nach TRGS 519 Anlage 4C wird den neuen notwendigen Qualifizierungs-Modulen gleichgestellt.
     
  2. Qualifikation der aufsichtsführenden Personen
    Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Asbest sicherzustellen, dass die Tätigkeiten von einer weisungsbefugten Person beaufsichtigt werden, die über eine entsprechende Sachkunde verfügt. Die aufsichtführende Person muss während der Durchführung der Tätigkeiten ständig vor Ort anwesend sein. Bei ausschließlicher Anwendung anerkannter emissionsarmer Verfahren kann anstelle der Sachkunde die erforderliche Qualifikation der aufsichtführenden Person durch die Teilnahme an einer entsprechenden spezifischen praxisbezogenen Fortbildungsmaßnahme erworben werden. BG ETEM und ZVEH arbeiten gemeinsam daran, dass es für alle Tätigkeiten des E-Handwerks anerkannte emissionsarme Verfahren geben wird. Aktuell ist dieses noch nicht der Fall.
    EMPFEHLUNG: Wenngleich der zeitliche Umfang einer spezifischen praxisbezogenen Fortbildungsmaßnahme geringer ist als der einer Sachkunde nach TRGS 519 Anlage 4C, empfehlen wir aktuell dennoch den Sachkundelehrgang, da anderenfalls jedes emissionsarme Verfahren für das E-Handwerk, das zukünftig anerkannt werden wird (so z.B. für Schlitzarbeiten und für Stemmarbeiten), umständlich nachgeschult werden müsste.
     
  3. Qualifikation der Beschäftigten
    Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Asbest sicherzustellen, dass die Tätigkeiten nur von Beschäftigten ausgeübt werden, die über eine entsprechende Fachkunde (zu unterscheiden von der Sachkunde) zu Asbest verfügen. Entsprechende Seminare "Grundkenntnisse Asbest" werden 1-tägig angeboten und sollen zukünftig in die Ausbildung integriert werden. Es besteht auch die Möglichkeit, die Beschäftigten innerbetrieblich in Theorie und Praxis durch eine sachkundige Person im Unternehmen zu schulen, wobei hier die gleichen Anforderungen an den zeitlichen Umfang bestehen.

Ein für Innungsbetriebe vergünstigtes Schulungsangebot finden Sie unter asbest.e-akademie.nrw.

Verfahren

Grundsätzlich schreibt die neue Gefahrstoffverordnung für einzelne Tätigkeiten zwar keine Verfahren vor, es gilt jedoch das Minimierungsgebot der Gefährdungen, Tätigkeiten sind mit möglichst geringer Exposition (Freisetzung von Asbestfasern) durchzuführen.
Wurde bei der Beprobung eines Objekts Asbest festgestellt, oder ist aufgrund einer fehlenden Beprobung unklar, ob Asbest vorhanden sein könnte, sollen im E-Handwerk zukünftig ausschließlich anerkannte emissionsarme Verfahren zum Einsatz kommen.
Denn wenn es für die durchzuführenden Arbeiten kein anerkanntes emissionsarmes Verfahren gibt, so müssen sehr viel weitreichendere Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Alternativ könnte wie bislang auch der Arbeitsbereich (als Abbrucharbeiten nach TRGS 519) vollends von Asbest befreit werden, bevor die eigentliche Arbeit beginnt. Die BG ETEM arbeitet intensiv im Schulterschluss mit dem ZVEH an emissionsarmen Verfahren, bei denen die in den Unternehmen vorhandenen Gerätesysteme eingesetzt werden können.

Arbeitsmedizinische Vorsorge

Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) schreibt vor, dass der Arbeitgeber eine Tätigkeit mit Asbest nur dann ausüben lassen darf, wenn der oder die Beschäftigte an der Pflichtvorsorge teilgenommen hat. Wenngleich das nachgelagerte Regelwerk unter bestimmten Rahmenbedingungen für verschiedene Gefahrstoffe Ausnahmen zulässt, gilt dieses nicht für Asbest. Mitarbeiter müssen an dieser Pflichtvorsorge teilnehmen, können jedoch eine Untersuchung ablehnen. In diesem Fall beschränkt sich die Vorsorge auf ein Beratungsgespräch mit dem Arbeitsmediziner.
Arbeitsmediziner sind nicht nur schwer zu finden, sie müssen zudem über die entsprechende fachliche Expertise verfügen, um eine Asbestvorsorge durchführen zu können.
EMPFEHLUNG: Suchen Sie sich möglichst schnell einen Arbeitsmediziner, der die Asbestvorsorge bei Ihren relevanten Mitarbeitern durchführen kann. Nicht nur das E-Handwerk muss mit seinen fast 525.000 Beschäftigten die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung und der arbeitsmedizinischen Vorsorge-Verordnung erfüllen. Der bestehende Mangel an Arbeitsmedizinern wird sich sehr bald noch extrem verschärfen.
Hier finden Sie eine Liste von Arbeitsmedizinern: www.vdbw.de > Betriebsarztsuche

Sachkundelehrgänge Asbest nach TRGS 519 Anlage 4C

Die E-Akademie.NRW ist zertifizierter Anbieter von Seminaren Sachkunde Asbest nach TRGS Anlage 4C.
Hier finden Sie die aktuellen Seminartermine: asbest.e-akademie.nrw

Sie möchten Mitglied werden? Schreiben Sie uns: geschaeftsstelle@elektroinnung-karlsruhe.de oder rufen Sie uns an: 0721/932840